- Widerruf
- I. Handelsrecht:Einseitige, formfreie empfangsbedürftige ⇡ Willenserklärung, gerichtet auf Aufhebung eines Rechtsverhältnisses oder Beendigung einer Rechtswirkung: (1) W. der Vollmacht jederzeit zulässig, sofern nicht abweichende Vereinbarung besteht.- (2) W. der ⇡ Prokura jederzeit zulässig. Der Widerruf lässt das zugrunde liegende Vertragsverhältnis (Arbeitsvertrag etc.) unberührt (§ 52 HGB). Gegen Dritte wird der W. erst wirksam mit ⇡ Handelsregistereintragung und ⇡ Bekanntmachung oder positiver Kenntnis (§ 15 HGB).- (3) Sondervorschriften für W. der ⇡ Kündigung eines Arbeitnehmers: ⇡ Kündigungsschutz.- (4) W. der Bestellung zum Mitglied des ⇡ Vorstandes einer AG oder zum ⇡ Geschäftsführer einer GmbH: ⇡ Abberufung.- W. eines Schecks: ⇡ Scheck.- (5) Bei Ehrverletzungen: ⇡ Widerrufsanspruch.II. Öffentliches Recht:W. ist die Aufhebung eines rechtmäßigen (begünstigenden oder belastenden) Verwaltungsakts. Begrifflich davon zu unterscheiden ist die Rücknahme als Aufhebung eines rechtswidrigen (begünstigenden oder belastenden) Verwaltungsakts (§ 48 VwVfG). Nach § 49 II VwVfG ist der W. eines rechtsmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes nur zulässig, wenn ein besonderer Widerrufsgrund vorliegt, u.a. wenn Widerrufsvorbehalt vorgesehen, Auflagen nicht erfüllt wurden, wenn Sach- oder Rechtslage sich nachträglich geändert haben, wenn vordringliches öffentliches Interesse den W. rechtfertigt oder wenn Subventionsleistungen zweckwidrig verwendet wurden (§ 44a BHO). Der W. belastender Verwaltungsakte liegt im Ermessen der Behörde, es sei denn, es handelt sich um einen rechtlich gebundenen Verwaltungsakt oder andere Gründe, wie die Selbstbindung der Verwaltung, stehen entgegen.III. Arbeitsrecht:1. W. von Arbeitsvertragsbedingungen: I.d.R. nur zulässig, wenn er von der widerrufenden Partei vorbehalten wurde. Der W. des Arbeitgebers hat die nach § 315 BGB gesetzten Grenzen („billiges Ermessen“) zu beachten. Ist W. nicht vorbehalten, ist ⇡ Änderungskündigung erforderlich.- 2. W. von Ruhegeldzusagen: Aus steuerrechtlichen Gründen spielen nur noch die Mustervorbehalte der Finanzverwaltung in der Praxis eine Rolle.- Bei groben Treueverstößen kann der W. von Versorgungsleistungen gerechtfertigt sein, wenn der Verstoß so schwer wiegt, dass die Berufung auf die Versorgungszusage arglistig erscheint. Ein W. wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ist nach der Rechtsprechung zulässig, wenn a) der Bestand des Unternehmens gefährdet ist; b) die Ruhegeldeinstellung in Verbindung mit anderen Maßnahmen geeignet ist, die Sanierung herbeizuführen; c) nicht nur den Ruheständlern, sondern auch anderen Personen Opfer zugemutet werden.
Lexikon der Economics. 2013.